Von Henrik Schapp, Produkt Manager Energie Communities bei GreenCom Networks.
Energie Communities haben einen langen Weg hinter sich. Vom Gemeinschaftsprojekt der Überzeugungstäter zum EU-geförderten Schritt der Energiewende. Wobei: Wo stehen Energie Communities mit RED II und Clean Energy Package denn heute tatsächlich? Und wenn die rechtliche Grundlage endlich da ist, wer sollen dann die Akteure in so einer Energie Community sein? Wer wird Betreiber und wie sieht das Geschäftsmodell aus?
Energy Communities sollen ein wichtiger Baustein beim dringend benötigten Umbau der Energiesysteme hin zu mehr Dezentralität und Digitalisierung sein. In der Vergangenheit waren Energie Communities, insbesondere in skandinavischen Ländern und in Deutschland, Treiber privater Investitionen in die nachhaltige Energieerzeugung mit Wind und Sonne. Heute sollen die EU-Direktive RED II und das Clean Energy Package neben der Erzeugung auch den gemeinschaftlichen Verbrauch sowie die Speicherung in einer Community ermöglichen und finanziell fördern. Gerade die Förderung und damit finanzielle Beteiligung der Bürger kann den so wichtigen Ausbau von Erzeugungskapazitäten beschleunigen.
Bislang haben regulatorische Anforderungen eine schnelle Verbreitung der Energie Communities verhindert: zu komplex, zu unattraktiv oder schlicht nicht vorhanden. Bürger waren selten in der Lage, Strom gemeinschaftlich erzeugen und verbrauchen zu können.
Zweitens fehlt es, insbesondere in Deutschland, nach wie vor an einer breiten digitalen Zählerinfrastruktur. Länder wie Österreich, Italien oder Spanien sind hier deutlich weiter.
Drittens mangelte es bislang an finanziellen Anreizen neben der reinen Einspeisevergütung, um gemeinschaftlichen Stromtausch zu fördern und entsprechende Geschäftsmodelle auf den Weg zu bringen.
Die EU-Direktive RED II sowie das Clean Energy Package fordern seit Jahren die Abstellung dieser ungünstigen Voraussetzungen und die Einführung einer Rechtsprechung, die Energie Communities ermöglichen und fördern. Seitdem sind in ersten Ländern – Vorreiter sind hier Österreich, Italien und Spanien – Lösungsplattformen aufgekommen, welche die intelligente Messinfrastruktur auslesen und die benötigten Berechnungen der geteilten Strommengen zwischen den Teilnehmern von Energie Communities durchführen. Zudem ermöglichen diese Plattformen weitergehende Anwendungsfälle wie die Optimierung des Eigenverbrauchs auf Haushaltsebene sowie darauf aufbauend auch die Optimierung zwischen teilnehmenden Haushalten einer Energie Community. Dies wiederum treibt die wirtschaftliche Attraktivität für jeden Einzelnen und jede Einzelne sowie für die Community als Ganzes.
Wenn jetzt die Rahmenbedingungen nach und nach geschaffen werden, leider je nach Land in verschiedenen Ausprägungen und Geschwindigkeiten, stellt sich die Frage, wer die Akteure innerhalb der Energie Communities werden, wer die Betreiber und welche konkreten Geschäftsmodelle Anwendung finden.
Die Akteure: Im Kern fördert und fordert das Clean Energy Package der EU gesetzliche Rahmenbedingungen, die Bürger in die Lage versetzt, aktiv am Energiemarkt teilzunehmen. Man kann also davon ausgehen, dass die Grundform einer Energie Community in Zukunft das Ziel hat, Strom gemeinschaftlich lokal zu erzeugen und lokal zu teilen. Bestehen wird so eine Gemeinschaft aus Bürgern und – je nach rechtlicher Auslegung der EU-Staaten – aus kleinen und mittleren Unternehmen sowie Städten und Gemeinden.
Grafik 2: Energie Communities und die Akteure
Die Betreiber: Wer die zukünftigen Betreiber von Energie Communities sein werden, lässt sich nicht einfach beantworten. Vermutlich wird es bei Betreibermodellen einen Spagat zwischen bürgerlicher Eigeninitiative und professionellen Betriebskonzepten geben. Bei den Betreiberkonzepten dürften sowohl die etablierten Energieversorger Fuß fassen als auch sogenannte Energy Service Companies (ESCO’s), die bereits in regionalen Energiemärkten aktiv sind und mit Energie Communities ein weiteres Betätigungsfeld erschließen. Beide Unternehmensgruppen werden entsprechend ihres bisherigen Fokus Leistungen anbieten: die Erfüllung rechtlicher Rahmenbedingungen für neue Energie Communities etwa, den Ausbau und die Finanzierung von Erzeugungskapazitäten und natürlich die Erfassung von Energiedaten, die Berechnung der Strom-Sharing-Mengen und die Abrechnung des unter den Community-Mitgliedern geteilten Stroms. Und natürlich werden sie auch aktiv die Einbeziehung der Teilnehmer vorantreiben, indem sie mit mobilen Apps Energieflüsse innerhalb der Haushalte und der Community visualisieren sowie Vorhersagen über die Energieerzeugung und den Energieverbrauch einbringen. Aktive Akteure innerhalb der Energie Communities dürfen die Marktteilnehmer, so will es die EU-Direktive, jedoch nicht werden.
Die Geschäftsmodelle: Mit Blick auf die sich entwickelnde Rechtsprechung in verschiedenen EU-Ländern wird der zentrale Werttreiber von Energie Communities die Menge des geteilten Stroms. Es wird also wichtig sein, erstens bereits bei der Gründung einer Energie Community große Erzeugungskapazitäten einzubringen und dazu passende Verbrauchsprofile zu addieren sowie, zweitens, auf dieser Basis eine Optimierung des Eigenverbrauchs innerhalb der Community zu ermöglichen. Wie ist das möglich? Indem man darauf abzielt, größere flexible Assets wie Wärmepumpen, Elektroautos oder Batteriespeicher innerhalb der Community einzubinden und deren Flexibilität zu nutzen.
Nachdem mit den zukünftigen Energie Communities auf Basis des Zusammenschlusses von Prosumern und Consumern eine entsprechende Basis geschaffen wurde, werden digitale Technologien weitere, darauf aufbauende Geschäftsmodelle wie virtuelle Kraftwerke mit der Flexibilitätsaggregation und dem Angebot von Produkten auf zentralen Strommärkten entstehen lassen.
So stellt sich abschließend die Frage, in welchen EU-Ländern bereits eine entsprechende Rechtsprechung vorliegt und damit der Aufbau von Energie Communities möglich ist? Dazu mehr im kommenden Blog-Artikel.
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